31. Juli 2005
19:43 Schluss mit dem Krieg im Irak! Je länger die Regierung der USA sich weigert, ihre Truppen aus dem Irak abzuziehen, desto anhaltender bleibt die Terrorgefahr - Ein Kommentar der anderen von Jeffrey Sachs ![]() ![]() Carmen
Moersch
socially engaged economies Kulturpolitik als absurdes
Theater Nun ziehen Österreichs vier politische Gruppierungen ihre präkoalitionären Sonden wieder ein. Schließlich haben sich Grün und Blau treuherzig für eine voraussichtlich abermals verstümmelte Regierungsperiode zur (im Fall der FPÖ sogar schon zweitmaligen) Opferung durch die ÖVP angemeldet. Ein Resümee lässt sich zumindest jetzt schon ziehen: In keinem dieser die Zeit für den Staatsbürger provokant schindenden Palaver wurden Begriffe wie Kultur oder gar Kunst thematisiert. Dieser Umstand ist für das in Österreich vorherrschende politische Grundbewusstsein wohl in höchstem Maße verräterisch, wenn auch keineswegs bedauernswert. Lesen sich doch die Passagen, in denen die Parteien ihre ungelenke Pflichtübung in Kulturpolitik ablegten, eher wie Drohungen denn wie ermutigende Versprechungen. Was ebenfalls kein allzu großes Unglück darstellt. Fragt es sich doch, ob Kulturpolitik in ihrem herkömmlichen Sinn überhaupt das Metier eines Staates ist, in dem Freiheit und Demokratie mehr sein dürfen als zwei substantivische Hilfswörter, die man, wenn einem nichts anderes einfällt, vor sich her sagt. Gesinnungszwang Politik, auch in ihren besten Varianten, hat nämlich immer etwas mit Lenkung zu tun, ohne die sie nicht auskommt. Sie schafft Gesetze, die befolgt werden wollen. Wer gegen diese verstößt, setzt sich ins Unrecht. Übertragen auf Kunst und Kultur führt dieser Mechanismus irgendwann zum ästhetischen und (in seinen schlimmsten Ausformungen in allen faschistischen Regimes) auch persönlichen Gesinnungszwang. Daher ist es kein Wunder, dass es gerade die Diktaturen waren, unter denen Kultur- und Kunstpolitik zur staatstragenden Disziplin aufstiegen. Freilich lässt sich der Kulturbegriff auch anders definieren: "Kultur ist das eigentliche Leben, sie liegt Politik und Wirtschaft im Lokalen und Feuilleton zugrunde und verbindet beide. Kultur ist kein Vorbehaltsgrund für Eingeweihte, sie ist vielmehr unser aller Lebensweise. Sie ist folglich auch die Substanz, um die es in der Politik geht." Wer als Autor dieser Zeilen einen, wenn auch musischen, so doch strammen Roten vermutet, irrt gewaltig: Sie stammen von keinem Schwärzeren, als der CDU-Politiker und einstige Präsident der Deutschen Bundesrepublik, Richard von Weizsäcker, einer ist. Über jeglichen Verdacht pathetisch-romantischer Gleichmacherei erhaben, weist Weizsäckers Sentenz dem, was man Kulturpolitik nennen könnte, gerade die gegenteilige Richtung, in der sie heute verläuft. Sie rät dem politischen Akt zur Kultur und gibt der Politik die Chance, Kunst zu werden. Und indem sie jedem Einzelnen die Möglichkeit und den Auftrag zu Kunst und Kultur erteilt, wird Weizsäcker sogar zum theoretischen Gefährten von Joseph Beuys. So spektakulär ein Kunstwerk nach seiner Fertigstellung auch sein mag, so ist Kunst machen und Kultur auf ganz persönliche Weise verwirklichen ein Werk der Stille, der Geduld und oft des Verzichts. Daher kann der möglicherweise wählerwirksame Megaevent niemals das einzige Ziel und der einzige Nachweis effizienter Kulturpolitik sein. Ebenso wenig, wie es die größte Befriedigung für Künstlerinnen und Künstler sein darf, sich anlässlich diverser Politikeressen zu Tanzbären zu degradieren, die sich herbeipfeifen lassen. Um den Bart gehen Werden im Verlauf dieses absurden kulturpolitischen Theaters doch weniger Sympathie und gegenseitige Wertschätzung signalisiert als inhaltsleerer Publicity-Opportunismus auf beiden Seiten. Bis zu manch bedingungslosem Surrender, mit dem, wie eben in Graz, so genannte Kulturmanager den Wahlsiegern öffentlich um den Bart gehen - frei nach dem Motto: Wer mich fördert, gewinnt bei den Wahlen. Derlei Aktionen sind freilich nicht dazu angetan, das Ansehen, das die Kunstszene auf politischer Seite genießt, besonders zu befördern. Vielmehr wird der seitens der Politik nur zu Repräsentations- und Renommierzwecken missbrauchte, im politischen Bewusstsein jedoch gar nicht existente Bereich von Kunst und Kultur noch weiter ins Out gerückt. Die ganze Verkommenheit des politischen Denkens in Zusammenhang mit Kunst und Kultur lässt sich an der beschämenden Tatsache ablesen, dass die Fertigkeit und die Aussicht, Sponsoren zu keilen, heute eines der maßgeblichen Kriterien für die Bestellung eines Festspiel- , Theater- oder Museumsleiters darstellen. So wird gerade das, was nach Weizsäcker "unser aller Lebensweise" sein sollte und auch "die Substanz, um die es in Politik geht", betteln geschickt. Der ganze Garten Im Gegensatz dazu wurde noch in keinem Land ein Heeresminister vor seiner Ernennung gefragt, ob ihm vielleicht die Firma Nestlé ein paar Panzer sponsert oder ihm der momentan in der Klemme sitzende Herr Vilar gar einen Abfangjäger kauft. Wenn es um das Töten geht, greift man ohne mit der Wimper zu zucken ins Budget. Bei der Förderung von Kunst und Kultur lallt man von Schwerpunkten und von Qualität und begibt sich damit ins Vorfeld des geistigen Terrors. Denn wer allzu gerne Schwerpunkte setzt, schließt allzu viele aus. Daher
ist das wichtigste Gerät, das dem Politiker für die Förderung
von Kunst und Kultur zu Gebote steht, immer noch die Gießkanne.
Denn, um strahlende Blüten zu haben, muss man den ganzen
Garten gießen. Aus diesem Grund sollte diese Gießkanne
ebenso groß und so voll sein, wie jene des Verteidigungsministers.
Denn ein blühender Garten der Kunst will mindestens ebenso
gut gegossen sein wie ein Friedhof oder ein Trümmerfeld.
(DER STANDARD, Printausgabe, 8./9.2.2003) Antwort
auf "Vorschlag zur Güte" [Rau]vom Samstag,
8. Februar 2003, Der Standard
Vorschlag zur Verantwortung - Gleichgewicht der Propaganda, Schrefler An
alle proamerianischen Terrorismustheoretiker, "Richter" und echten Kriegsbefürworter:
Können wir uns auf etwas einigen? Können wir uns
darauf eingen, dass wir es bei George W. Bush mit einem demokratisch
zweifelhaft gewählten, die Menschenrechte missachtet
habenden, die UN-Resolutionen voraussichtlich ignorierenden
grössenwahnsinnigen Führer von ins Hause stehenden
Aggressionskriegen zu tun haben? Der Massenvernichtungswaffen
besitzt, weiter beschaffen will, damit auch handelt und
laut eigenen Worten bereit ist diese einzusetzen? Originalartikel An alle antiamerikanischen, Bush-allergischen Verschwörungstheoretiker, "Friedensforscher" und echten Kriegsgegner: Können wir uns auf etwas einigen? Können wir uns darauf einigen, dass wir es bei Saddam Hussein mit einem Massenmörder, Folterer und größenwahnsinnigen Führer von zwei Aggressionskriegen zu tun haben? Der Massenvernichtungswaffen besitzt, weiter beschaffen will und bereits eingesetzt hat? Können wir uns darauf einigen, dass der Mann 1990 bereits kurz davorstand, die Atombombe zu haben und dass er es weiter versucht? Können wir uns schließlich darauf einigen, dass man auf die Beweise der Amerikaner gar nicht angewiesen ist, um all das zu wissen? Dass wir sie nicht brauchen, um die Fakten über Saddams Grundstruktur zu wissen? Wenn ja, dann können wir darüber diskutieren, ob der Krieg, den Bush jetzt führen will, unbedingt geführt werden muss; ob Saddam auch so "eingedämmt" werden kann (aber schon auch, ob man ihm die Zeit lassen sollte, die Bombe zu bekommen). Oder verplempern wir weiter unsere Zeit damit "nachzuweisen", dass die Amerikaner durch teuflische Fälschungen einen Charaktermord an einem unschuldigen Saddam begangen haben? - Dustin Hoffmans Fragen
an George W. Bush
Aus der Rede bei der Unicef-Gala der Berlinale - Ein Kommentar der anderen Die leicht gekürzte Version der Rede wurde übersetzt von Moritz Schuller ("Der Tagesspiegel", Berlin). Ich stamme aus den 60-ern, der letzte Krieg, den ich bewusst erlebt habe, war der Vietnamkrieg, und was ich jetzt sage, ist, hoffe ich, nicht nur eine Meinung, sondern schlicht Tatsache: Der Vietnamkrieg begann mit einer Lüge. Auslöser war der angebliche Angriff der Nordvietnamesen auf ein Kriegsschiff von uns, das in der Bucht von Tonkin stationiert war. Doch den gab es nie, es war eine Lüge, eine Propagandafabrikation, um mit dem furchtbaren Krieg anzufangen. Möglicherweise wiederholt sich die Geschichte nun. Und so möchte ich wieder Fragen an meine Regierung richten, als Amerikaner, der nicht antiamerikanisch ist. Ich stelle diese Fragen, die bis jetzt, wenn ich mich nicht irre, noch nicht beantwortet wurden, obwohl sie immer und immer wieder gestellt wurden. Wenn es keine unmittelbare Bedrohung gibt, warum marschieren wir dann ein? Nordkorea stellt tatsächlich eine direkte Gefahr dar, indem der Präsident dieses Landes verkündet, er würde uns in kleine Stücke bomben, wenn wir seine Nuklearanlagen angreifen. Trotzdem will meine Regierung lieber mit der norkoreanischen Führung verhandeln. Von dieser geht doch eine viel größere Bedrohung aus als vom Irak, von dem wir sagen, dass er erst in den nächsten zwei oder drei Jahren Atomwaffen besitzen wird. Ich fordere meine Regierung auf, mein Land besser über unsere Außenpolitik zu unterrichten, von der wir möglicherweise zu wenig wissen. Und ich frage meine Regierung, die Saddam den großen Bösen nennt, der er wohl ist: Warum dann haben wir diesem Mann, als wir ihn in der Auseinandersetzung mit dem Iran gut gebrauchen konnten, warum haben wir ihm in demselben Jahr, in dem er befahl, 100.000 Kurden durch Giftgas zu töten, fünf Millionen Dollar gegeben? Und warum haben wir das im folgenden Jahr auf eine Milliarde erhöht? Ich will angesichts dieser Fakten von meiner Regierung wissen: Warum war er nicht damals der große Böse? Ich frage die Regierung meines Landes: Wenn wir angreifen und, wie ich gelesen habe, 30.000 Pfund Bomben in 43 Minuten abwerfen, die die Zivilbevölkerung treffen, wie lange werden wir bleiben? Darauf gibt es keine Antwort. Werden wir Jahre dort bleiben - in einer Zeit, in der es unserer Wirtschaft nicht besonders gut geht? Werden wir das Geld ausgeben, um das Land neu zu strukturieren? Werden wir einen Machthaber installieren? Wir haben keinen besonders guten Ruf, was einige der von uns installierten Herrscher angeht. Pinochet, etwa, in Chile, der Tausende und Tausende in einem Jahrzehnt umgebracht hat. Ihr kennt die anderen. Ich war heute im Jüdischen Museum, und bei einem Computer gab es einen Knopf: Drücken Sie hier, wenn Sie der Meinung sind, dass es etwas im deutschen Charakter gibt, das den Holocaust verursacht hat. Ich haben den Knopf nicht gedrückt, weil mir die Frage nicht gefiel. Seit dem "Genozid" hat eine ganze Zahl an Genoziden stattgefunden: Bosnien, Ruanda - bedeuten 800.000 tote Tutsis Genozid? Abgehackte Hände und Füße? Trotzdem haben wir es zugelassen, aus Angst und Apathie. Seit einiger Zeit erleben wir immer wieder unterschiedliche Formen von Genozid. Was können wir tun? In meiner Heimat haben wir in den Sechzigerjahren einen Präsidenten zum Rücktritt gezwungen, vor allem durch die Studentenproteste. Die Studenten hatten am meisten zu verlieren, sie waren diejenigen, die gestorben sind. Ich habe Söhne, 18 und 21, die kaum glauben können, dass sie die Ersten sind, die werden gehen müssen. Mich fasziniert Macht, die Physik der Macht, und die Paranoia der Macht. Das Bedürfnis nach Macht existiert, weil es ein Ersatz für die Seele ist. Der Dichter Carl Sandburg hat das folgende geschrieben - und das betrifft uns alle: 'Im Wachsen nach oben hat die zarte Blume schon manchen Stein zersplittert und zerborsten.' Gott segne euch alle." (DER STANDARD, Printausgabe, 13.2.2003) |